"Jeton" und Bullen bei Spontandemo angegriffen

Berlin 15 Juli 2009

Nach dem brutalen Angriff von vier Neonazis auf einen 22-Jährigen haben Linksautonome eine Racheaktion gestartet: Etwa 200 Personen bewarfen die Diskothek "Jeton" und einen Streifenwagen in der Nacht mit Steinen. Der Besitzer der Disko erhielt "Hass-Mails".

Es war gegen 23.15 Uhr, als die rund 200 in schwarz gekleideten Randalierer Steine auf die Diskothek "Jeton" in der Frankfurter Allee warfen. Dabei wurden die Verglasung, die Leuchtreklame, eine Außentreppe und drei davor geparkte Autos beschädigt. Die Diskothek war an diesem Abend geschlossen: Betrieb ist dort nur am Wochenende. Als ein Funkstreifenwagen der Polizei zufällig vorbei kam, wurde auch er massiv mit Steinen attackiert. Dabei zerbarst eine Seitenscheibe. Ein Beamter erlitt leichte Verletzungen durch herumfliegende Glassplitter. Als mehrere Hundertschaften der Polizei anrückten, wurden auch sie mit Steinen beworfen.

Anschließend flüchteten die Täter in kleinen Gruppen in die Nebenstraßen. Insgesamt waren rund 200 Polizeibeamte im Einsatz. Auch einige Scheiben des Einkaufszentrums "Ringcenter" wurden von den Unbekannten beschädigt. Wie ein Ermittler sagte, geht die Polizei davon aus, dass die Angreifer zum linken Spektrum gehören. Der Besitzer der Diskothek Jeton, Ronny Berkahn, sagte dem Tagesspiegel: "Die Täter haben vor meinem Laden Zettel von der Antifa hinterlegt. Darauf steht ganz deutlich, dass es sich um eine Racheaktion für den Angriff am Wochenende handelt." Zudem habe Berkahn "Hass E-Mails" erhalten, wo Unbekannte drohten, seinen "Laden abzufackeln", wie Berkahn schilderte. Der Disko-Inhaber distanzierte sich von den gewalttätigen Auseinandersetzungen. "Diese ganze Gewalt ist von beiden Seiten Schwachsinn", sagte er.

Auf Flyern spricht die Antifa von einer Racheaktion

Am vorigen Wochenende war der 22-jährige Neuköllner Jonas K. in Friedrichshain brutal zusammengeschlagen und getreten worden. "Ein Zusammenhang ist nicht abwegig, aber bisher nicht zu belegen", hieß es offiziell bei der Polizei. Wie berichtet, hatten vier Männer (20 bis 26 Jahre) aus der rechten Szene am Sonntagmorgen auf einem Verbindungsweg zwischen U- und S-Bahnhof Frankfurter Allee Jonas K. zunächst bewusstlos geschlagen. Anschließend legten sie seinen Kopf auf den Fahrradweg. Der 26-jährige mutmaßliche Haupttäter soll dann von hinten gegen den Kopf des Opfers getreten haben. Zuvor waren die vier Männer mit einer Gruppe Linker aneinander geraten. Dabei erlitt der 26-Jährige aus der Gruppe der Neonazis eine Platzwunde am Kopf. Wie sich erst später bei den Ermittlungen der Polizei herausstellte, gehörte auch Jonas K. zu der Gruppe aus der linken Szene. Anfangs waren die Ermittler noch davon ausgegangen, dass der Neuköllner ein "Zufallsopfer" war. Er kam mit Hirnblutungen in eine Klinik. Lebensgefahr besteht nach Angaben der Polizei nicht.

Die vier festgenommenen Männer aus der rechten Szene wurden noch am Tatort gefasst. Gegen sie erging Haftbefehl wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung. Alle vier kommen aus der Nähe von Königs-Wusterhausen in Brandenburg und sind bei der Polizei als rechte Gewalttäter bekannt. Auch gegen den schwerverletzten Jonas K. wird nun, ebenso wie gegen die anderen an der Auseinandersetzung beteiligten Linken, wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung ermittelt. Ein zwischenzeitliche Festgenommener aus der Gruppe der Linken wurde wieder frei gelassen.

Quelle: Tagesspiegel